Liebe Kolpinggeschwister,
was wird nicht alles in dieser Zeit getan. So vieles ist vorzubereiten für das Weihnachtsfest: der Karpfen, die Ente, der Rotkohl, der Nachtisch, die richtigen Geschenke, damit unseren Lieben Freude bereitet wird.
Und auch in der Kirche ist Stress zu spüren: die Zeit für die Christmette muss gefunden werden, das Krippenspiel muss vorbereitet werden, die Lieder und der Weihnachtsschmuck müssen ausgewählt werden.
Es klingt da fast wie eine billige Entschuldigung, dass diese Zeit auch für Maria und Josef ziemlich stressig war: es gab den Befehl des Kaisers zur Volkszählung, da war der Weg nach Betlehem in die Heimat – für eine schwangere Frau in der Winterzeit eine enorme Belastung, da fand sich kein richtiges Quartier, nur eine
Notunterkunft, ein Stall.
Dort kommt Jesus zur Welt, dort wird Gott Mensch: anstrengend für die Mutter, besonders weil es das erste Kind war, anstrengend für alle, die ihr beigestanden haben, doppelt anstrengend der primitiven Verhältnisse wegen.
Und doch ändert sich die Stimmung – kein Stress mehr, nur noch Freude.
Jede Krippe erzählt von der tiefen Freude der jungen Eltern, die ihr neugeborenes Kind betrachten: Teils neugierig, teils ergriffen.
Gott schenkt uns seinen Sohn. Und weil Gott uns beschenkt, beschenken wir uns gegenseitig. Zuerst aber sind wir selbst beschenkte und das ist wunderbar, dass es die Engel in die ganze Welt hinausposaunen: „Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren, Christus der Herr“
Das Zeichen Gottes für uns ist ein Kind; es ist das Einfache, Gott ist Mensch geworden.
Es ist sein Zeichen, dass er sich für uns klein gemacht hat. Er kommt nicht mit Macht und Größe. Er will uns nicht überwältigen. Er bittet um unsere Liebe und deshalb wird er ein Kind. Gott macht sich klein, damit wir ihn verstehen, ihn annehmen und lieben können.
Das Kind von Betlehem lenkt unseren Blick auf alle Kinder dieser Welt, besonders aber auf die Kinder, die keine Liebe erfahren, Kinder die als Soldaten leben müssen, Kinder, die zum Betteln ausgesandt werden, Kinder, die hungern, Kinder die misshandelt oder gar missbraucht werden.
Liebe Schwestern und Brüder,
Weihnachten ist mehr als schöne Stimmung, herzergreifendes Krippenspiel oder üppige Geschenke unterm Tannenbaum. Weihnachten ist ein gesellschaftlicher Auftrag, ja es ist ein missionarisches Fest, das nicht kuschelig unter dem Baum, sondern in der Kälte der Welt Bedeutung erlangt, da wir die Menschen, die in vielen Teilen der Erde vor Hunger und wegen Aids sterben, Frauen, die vor männlicher Gewalt Angst haben und die vielen Flüchtlinge nicht aus dem Blick verlieren.
Vergessen wir nicht an Weihnachten:
Schenken wir einander etwas von uns selbst,
schenken wir einander Zeit,
schenken wir uns Zeit, um die Botschaft Gottes zu öffnen: Gott wird Mensch.
Gesegnete Weihnachten.
Präses Stefan Langer